Seh dich in dein Handy sprechen,
bist fern von mir in anderer Welt,
wenn du sprichst mit einem Geist.
Denn ist es nicht ein Geist -
dein Gesprächspartner: unsichtbar, luftiges Gebilde.
Trennt er dich von mir.
Denn ich bin hier - bei dir;
doch du bist fort im Geister-Handy-Reich.
Dorthin reicht mein Einfluss nicht.
Kann dich nicht bei mir halten.
Würde gerne plaudern mit dir - hier.
Leg das Handy doch beiseite.
Oder muss ich erst selber zum Geist werden
und übers Handy dich erreichen?
Bin ich dann interessanter für dich?
Dann, wenn all meine Lebens-Gegenwart entwich?
Du entschwebst mir immer weiter,
lachst und gehst in deiner Handy-Welt
immer weiter von mir fort.
Hörst eine Stimme, die nur du hörst.
Keiner deiner Umstehenden nimmt sie wahr.
Ich wär dir gerne nah.
Beinahe abgeschottet umhüllt dich die Handy-Geistessphäre;
und wie im Kokon eingesponnen
in Gesprächsverlauf und Gedankenfäden
trennst du dich von meiner Gegenwärtigkeit.
Ich frag mich gar: Bin ich noch bei dir?
Sitz alleine - lass mich nicht allein.
Will mit dir sein.
Zusammensein.
Doch ist es kein Zusammensein,
wenn du das Handy hältst in deiner Hand.
Lebst dann in einem anderen Land.
Dort erreiche ich dich gar nicht mehr
oder nur sehr schwer.
Zischend mahnst du mich zur Ruhe,
wenn ich dich unterbrechen möcht.
Was ist so wichtig an belanglosem Gespräch,
dass es mich trennt von dir?
Ich bitte dich, gib dein Handy mir.
Ich kann doch nicht warten und hoffen bis der Akku leer ist.
Haben die Gegenwärtigen, Leibhaftigen denn keinerlei Rechte?
Wieso bevorzugst du die aus der Geisterwelt,
die sich aufdrängen mit ihren Stimmen
und nur zu Klingeln brauchen und schon gehst du ran -
und bist ihnen zugetan und ganz Ohr.
Wie schnell ich dich verlor.
Eben noch hörtest du mir begierig zu.
Ich war einfallsreich, gewandt und witzig.
Dann drängt sich dein Handy auf und ich bin abgeschaltet.
Aber ich stehe nicht im Ruhemodus.
Ich bin erbost, unruhig, traurig.
Da! Du legst dein Handy beiseite,
schaust mich träumerisch an.
Zurückgekehrt aus fremder Welt.
Warst du in einem Kinofilm, den ich nicht kenn.
Wie verdräng ich nun diese Omnipräsenz des Gehörten,
was nachklingt in dir,
und dich ganz auszufüllen scheint?
Bleibt da noch Platz für meine belanglosen Worte?
Komplizierte Gedanken wage ich nicht zu äußern,
denn du scheinst mir noch nicht ganz präsent zu sein;
anwesend bist du erst zum Teil.
Noch nicht ganz zurückgebeamt von deinem Handy-Planeten,
auf dem die Priorität des Ohres gilt.
So begnüg ich mich mit deinem Anblick.
Doch ein Date ist dieses nicht.
Denn schon wieder klingelt dein Handy ganz harmlos
seine Melodie, die mich martert.
Ich gehe fort, warte bis du auflegst
und dann rufe ich dich an auf meinem Handy.
Seh dich aus der Ferne, aber sprech mit dir ganz nah.
Und höre ich nun deine Stimme, so wird mir klar:
Stimmen, die im Äther schwingen und zueinander finden -
haben, tragen Zauber in sich.
Treffen aufeinander, umspielen, tanzen in Gedankensprüngen,
brauchen das Augenbild gar nicht.
Ich schließe die Augen und sehe dein Licht,
was von dir ausstrahlt über meine Welt.
Hätte ich dich nur eher angewählt.
Das Gedicht
Als MP3 Hörbuch
Das Gedicht gibt Raum für unmalbare Bilder.
Oder malt der Poet immer nur sich selber?
Worte, Sätze, die im Dunklen schlummern,
lockt man nun hervor durch Macht der Assoziation.
Gefühl regier! Steig auf deinen Thron!
Einen Palast will ich dir zimmern.
Greifen nach dem Ungreifbaren,
transformiere es zum Wahren.
Das Bewusstsein will das Unbewusste greifen, fassen, verstehen.
Kann es auch das Unbewusste nicht sehen.
Es fühlt es durch den Mediator "Gedicht".
Gedicht vermittelt, dient als Medium.
Da: Das Unbewusste schwebt vor deinem Angesicht.
Nutze es. Es ist dein Eigentum.
Gedicht ist Meditation.
Nicht gebunden an Handlung, Dramenkonzeption.
Ultimative Freiheit des Denkers und Schreibers.
Weiß er's?
Nutzt der Dichter seine Freiheit oder lässt er sich gängeln durch Konvention?
"So machte man es bisher immer schon."
Wagt er abzuweichen vom leichten Plauderton in Untiefen des Seins?
Gehorcht er dem Gebot des Reims?
Sagt er, sucht er erstbeste Worte, als Vortruppe für den kommenden Gedanken,
der nicht wäre ohne sie?
Führt ihn zur Poesie.
Denn sie bereiten die Stimmung vor für die guten, treffenden Gedanken.
Wird der Poet sich bei ihnen bedanken?
"Unbedeutende Worte, habt Dank, ihr habt mir den Schreibrhythmus bewahrt."
Worte sind so zart.
Fasst du sie an zu hart,
willst als Werkzeug sie plump gebrauchen,
dann zerbröseln sie unter deiner Hand.
Kommst so nicht ins Worte-Zauber-Land.
Wirst in den Wortmagie-See nicht eintauchen.
Worte sind nur ein Hauch,
Erdacht von den Ahnen,
tauglich für den Alltags-Gebrauch.
Taugen sie auch
für das Noch-Nicht-Wissen, das Ahnen?
Wenn Worte nicht das Wissen vermitteln sollen,
sondern das Wissen zeugen sollen -
zeigen sie dann, was Sprache wirklich kann?
Schweben ungerichtet zu jedermann.
Ein jeder hört nur, was er hören kann.
Wo höre ich die Worte, die mir helfen?
Wispern, raunen Elfen?
Wie lockt man die inneren Stimmen hervor,
dass sie zurufen mir im lautstarken Chor?
Will hören mit meinem inneren Ohr
und getreulich niederschreiben im Gedicht,
was die Elfenwelt so zu mir spricht.
Denn äußere Welt und innere Welt sind Projektionen meines Ichs.
Milliarden Ichs
projizieren Weltenbilder auf die Leinwand Universum.
Das ist unser ganzer Reichtum.
Das Gedicht untersucht, wer da projiziert und mit welcher Technik.
Was ist der Große Trick?
In welchem Großen Gedicht stecken wir?
Und: Gibt es eine Tür?
Ein Schritt hinaus aus diesem Universum.
Wer wagt den Blick hinaus, hinauf, hinunter, in das Nicht-Universum?
Gedichte sind Kopien des Großen Gedichts.
Bemühen sich um Größe, Reinheit, Schöpferkraft.
Funkeln mit der Kraft des Großen Lichts,
was auf sie fällt und sie erschafft.
Märzenwasser
Wo ist der Schnee vom vergangenen Jahr?
Festgehalten, eingesperrt in Flaschen, die ich verwahr.
Den reinen Schnee - auf Flüssen angereist -
in Flaschen eingesperrt, als sei es ein Flaschengeist.
Der frisch geschmolzene Schnee im März:
Märzenwasser.
Tausendsassa.
Reinigt, heilt, lindert den Schmerz.
Kann Deine Reinheit sich mir aufprägen?
Bring uns Deinen Segen.
Wie wird fleckige, beschmutzte Seele rein?
Wie tauche ich
meine Seele in das Märzenwasser hinein?
Wie taufe ich
meinen Geist, damit er heilig wird?
Wasser reinigt. Hat besonderes Wasser besonderen Wert?
Ich halte dich gefangen - ist das verkehrt?
Kannst Du nur im Freien wirken, verbunden mit den Elementen?
Kannst mir nur von dort Deine Botschaften senden?
Halte ich nunmehr gar nichts in der Hand?
Nur Flaschen ohne Pfand?
Märzenwasser - ich gieße dich aus auf Beete,
und führe dich dem Kreislauf wieder zu.
Ich bete -
und höre den Elementen zu.
Flüchtig ist alles auf Erden,
will vergehen, enteilen, Platz machen,
für neues Werden,
neues Erwachen.
Kostbar ist mir das Flüchtige, ich hielt es fest.
Ich schaue zum Himmel, es regnet. Wurdest Du dort oben vermisst?
Märzenwasser, du bist frei. Das Besondere trennt man nicht vom Rest.
Es kann nur wirken, sein - im Gesamtzusammenhang.
Dorthin zurückzukehren ist sein Drang.
Wissenschaft und Religion
Vielleicht ist die wahre Magie noch gar nicht entdeckt?
Wenn die Wissenschaft die Religion entdeckt.
Finden das Jenseits
im Zentrum vom Diesseits.
Gedanken, Worte schaffen Welten.
Warum sind gute, gütige Worte selten?
Sprich die Zauberworte, die wohltuende Welten erschaffen.
Lass berechtigt sein das Hoffen.
Wieder war das Wort am Anfang.
Und durch sein Universum es schwang.
Erzeugt den Raum mit seinem Klang.
Am Anfang war das Wort.
Halt es fest - sonst weht es fort.
Welche Worte wählen wir?
Welche Worte wollen zu Dir?
Wie finde ich das Wahre?
Vielleicht ist Zweifel ein guter Wegweiser.
Nähern wir uns dem Wahren - spricht er leiser.
Wissenschaft und Religion -
gemeinsam findet ihr das Zentrum schon.
Abschiedsworte einer Brieftaube
Wieder heißt es Abschied nehmen.
Doch ich kehr zurück zu dir.
Unser Band ist stark - das Sehnen.
Find zurück, denn du bist hier.
Leitest mich, du bist mein Stern.
Nur bei dir, da bin ich gern.
Lass sie rätseln, wie ich's mach.
Dass ich niemals mich verirr.
Du, mein Täublein, bleib nicht wach.
Träume sanft und träum nicht wirr.
Habicht wird mich niemals greifen.
Meine Flugkunst konnte reifen.
Hab ein Ziel und werd es finden.
Werd nicht kämpfen mit den Winden.
Nutze sie für meine Zwecke.
Soll ein Sturm sich doch erheben.
Mich birgt sicher eine Hecke.
Immer heimkehren ist mein Leben.
Heimat - das ist das Vertraute.
Kenne Düfte, Farben, Laute.
Diese führen mich zurück.
Hier empfind ich wahres Glück.
Alle Sinne dienen mir.
Sagen mir: wo ist das Hier?
Weiß den Ort, kenn das Land.
Bin ein Fremder, der Fremdes fand.
Mach es mir vertraut im Nu.
Finde Sinn im Chaos drin.
Doch nun frag ich mich wozu?
Turteln mit dir schöne Täubin.
Kleine Briefe transportieren.
Ist das alles? Das mein Leben?
Soll ich Neugier siegen lassen?
Nicht mehr heimwärts orientieren?
In die Ferne mich entlassen?
Was wird's dort wohl für mich geben?
Schau mich nicht erschrocken an.
Würd dich mit mir nehmen dann.
Groß und größer unsre Kreise
Zieh'n wir. Machen wir die Reise?
Flügelschlagend Freiheit suchen.
Freiheit finden - es versuchen.
Schwingst dich hoch? Ich folge dir.
Heimat fliegt dann neben mir.
Unsre Flügelspitzen nah.
Das Unmögliche wird wahr:
Fernweh, Heimweh sind versöhnt.
Nur der Taubenzüchter stöhnt.
Glücklich ist das Taubenpaar.